11. Juli 2009
Gegner oder Partner – 對方, 對手, 對象
Es gibt drei in ihrer Bedeutung ziemlich ähnliche Wörter mit 對- duì-, die mir immer Probleme bereiten:
- 對方 duìfāng: „Gegenseite“: dies ist ein relativ allgemeiner Ausdruck und kann sich auf ein Verhältnis von zwei Seiten jeder Art beziehen. Dies kann von der Romanze über Geschäftspartner bis zu Feindschaften gehen, je nach Situation. Z.B. in einem Satz wie dem folgenden: „戀愛中的男女很少介意對方的缺點“ „Verliebte stören sich selten an den Fehlern ihrer Partner“.
- 對手 duìshǒu: „Gegner“: dies ist ein Ausdruck, der eine Wettbewerbssituation beschreibt, wie sie im Sport üblich ist, und auch im übertragenen Sinne gebraucht werden kann. Als feststehender Ausdruck kann die Fügung „不是對手“ im Sinne von „dies ist kein (ernstzunehmender) Gegner“ betrachtet werden.
- 對象 duìxiàng: „Gegenstand, Partner“: zunächst bedeutet dieses Wort „Objekt, Gegenstand“ im Sinne von „Forschungsobjekt“ etc., kann aber auch im Sinne von „Objekt der Begierde“ gebraucht werden und sich auf einen Partner beziehen. Dies ist jedoch keine übliche Ausdrucksweise, da es sich hier um einseitige Perspektive handelt, und zwar nicht „einseitig“ im Sinne von unerwiderter Liebe, sondern daß anders als bei 對方 nicht beide Seiten gemeint sind, sondern der Schwerpunkt eben nur auf eine Seite gerichtet ist. D.h., 對象 kann in Situationen verwendet werden, wo z.B. Mütter Heiratspartner für ihre Kinder suchen, oder auch wenn jemand Avancen abwehren will mit dem Hinweis „我有對象了“ „ich habe da jemanden“, denn hier geht es nicht um die beiden Partner, sondern nur, daß eben der eine schon „besetzt“ ist. (Deswegen würde auch der oben angeführte Satz „戀愛中的男女很少介意對方的缺點“ „Verliebte stören sich selten an den Fehlern ihrer Partner“ mit 對象 anstelle von 對方 nicht gut klingen, da in dem Satz Gegenseitigkeit mitschwingt.)
10. Mai 2009
Chinesische Chengyu im Japanisch-Unterricht
Die japanische Kultur und Sprache war intensiven chinesischen Einflüssen ausgesetzt, was natürlich auch für das Studium der chinesischen Klassiker inkl. der Chengyu angeht. Heutzutage jedoch sind viele Chengyu im Japanischen jetzt hochliterarischen Sprachregistern vorbehalten, trotz der Bemühungen von Webseiten wie dieser hier. Allerdings gibt es auch ein paar berühmte Sentenzen, die in den festen Alltagsbestand der japanischen Sprache eingegangen sind. Sie sind nicht zu Vierzeichenkombinationen geworden, sondern vielmehr verkürzt oder zu alltagssprachlichen Redewendungen geworden.
- 蛇足 dasoku von 畫蛇添足 huàshé-tiānzú (Zhanguoce): dies ist die berühmte Geschichte vom Schlangenfuß. Einem Tempel im Staate Chu wurde ein Krug Wein gespendet. Anstatt den Wein gleichmäßig unter den Mönchen aufzuteilen, wurde jedoch vereinbart, einen Wettbewerb abzuhalten: Wer als erster eine Schlange auf dem Tempelboden fertigmalen würde, sollte den Krug ganz bekommen. Als der erste Mönch fertig war, wurde er so übermütig, daß er flugs noch vier Beine anfügte. Der Mönch aber, der als nächster fertig wurde, machte ihn den Krug erfolgreich mit der Begründung streitig, daß er gar keine Schlange gemalt habe, denn eine Schlange habe schließlich gar keine Füße! Dieses Wort bezeichnet etwas Überflüssiges, das das große Ganze gefährdet. Im Chinesischen ist das als Vierzeichen-Chengyu üblich, im Japanischen ist dies überhaupt nicht gebräuchlich und auf zwei Zeichen verkürzt. Ein paar Chengyu, die vom Inhalt her in eine ähnliche Richtung gehen:「無中生有」,「多此一舉」、「弄巧反拙」
- 五十歩百歩 gojippo hyappo von 五十步笑百步 wǔ shí bù xiào bǎi bù (Mencius): der König Hui von Jin beklagt sich bei Mencius, daß trotz seiner Maßnahmen, die seine Bürger besser behandelten als die seiner Nachbarstaaten, die Bürger dieser Staaten dennoch ihm nicht die Bude einrennen. Warum sei dies so? Da erzählt ihm Mencius ein Gleichnis, von zwei Gruppen vom Soldaten im Krieg. Die eine rennt 50 Schritte weg, die andere 100. Die Gruppe, die „nur“ 50 Schritte weggerannt ist, macht sich lustig über die, die 100 Schritte weggerannt sind. Mencius sagt, daß auch die vermeintlich so guten Maßnahmen des Königs doch nur eine Frage der Quantität seien, nicht eine der Qualität. Im Deutschen würde hier die Redewendung vom Glashaus passen, im Englischen sagt man auch „the pots calls the kettle black“.
- 井の中の蛙大海をしらず i no naka no kawazu taikai o shirazu von 井底之蛙 jǐngdǐ zhī wā (Zhuangzi, Chunqiu). Dies ist eine Geschichte vom Geist des Gelben Flusses, der vor Demut erstarrt, als er zum erstenmal das Meer erblickt. Er sagt dem Geist des Nordmeeres, jetzt habe er endlich eine Ahnung von der Weite des Daos, denn das Meer sei vergleichbar grenzenlos. Daraufhin erklärt ihm der Geist des Nordmeeres, daß man schon wissen muß, worüber man spricht, ansonsten sei man wie der Frosch am Grunde des Brunnens, für den der Brunnen die ganze Welt darstellt. Im Japanischen wird das miteinander kombiniert zu „Der Frosch weiß nichts vom Ozean“. Im Chinesischen bezieht sich das auf Borniertheit, entweder eine bornierte Person, oder als Charakterzug.
- 矛盾 mujun 自相矛盾 zìxiāng-máodùn (Han Feizi). Eine der bekanntesten Geschichten des chinesischen Altertums. Ich gebe die Geschichte erstmal im Original wieder, denn sie läßt sich relativ gut verstehen: “楚人有鬻盾与矛者,誉之曰:‘吾盾之坚,莫之能陷也。’又誉其矛曰:‘吾矛之利,于物无不陷也。’或曰:‘以子之矛陷子之盾,何如?’其人勿能应也。” Es gab einen Händler aus Chu, der sowohl Schild als auch Speer verkaufte, er lobte seinen Schild: ‚Mein Schild ist so hart, daß nichts ihn zerbrechen kann.‘ Dann wiederum lobte er seinen Speer: ‚Mein Speer ist so scharf, es gibt nichts, das er nicht durchbohren könnte.‘ Da fragte ihn jemand ‚Wie wäre es, wenn ich mit deinem Speer deinen Schild durchbohren wollte?‘ Darauf hatte der Händler keine Antwort. Diese Geschichte wird im Japanischen immer zu zwei Zeichen abgekürzt, aber auch im Chinesischen ist 矛盾 recht häufig.
- 漁夫の利 gyofu no ri (鷸蚌の争い ippō no arasoi) 鷸蚌相爭, 漁翁得利 yù bàng xiāng zhēng,yú wēng dé lì (Zhangguoce). Der König von Zhao wollte das benachbarte Reich Yan überfallen. Yan aber schickte Su Dai nach Zhao, um den König davon abzubringen. Su verwendete dabei das Gleichnis von der Kammuschel und der Schnepfe. Als die Muschel ihren Schale geöffnet hatte, steckte die Schnepfe ihren Schnabel hinein,während die Muschel sich mit aller Macht dagegen wehrte. Es schien keine Seite nachgeben zu wollen, bis einer Fischer daherkam und beide einsackte. Witzigerweise ist im Chinesischen eher der vordere Teil gebräuchlich 鷸蚌相爭 yù bàng xiāng zhēng, während es im Japanischen der hintere Teil ist: 漁夫の利 gyofu no ri. Im Deutschen in etwa „Wenn zwei sich streiten, freut sich der dritte“.
- 推敲 suikō 推敲 tuīqiāo. Dies ist eine absolute Ausnahme, denn auch im Chinesischen sind es nur zwei Zeichen, und wird daher in vielen Wörterbüchern gar nicht als Chengyu anerkannt. Es handelt von dem Dichter Jia Dao aus der Tang-Zeit, der gerade beim Dichten war, und beim folgenden Vers sich nicht festlegen konnte, ob der Mönch die Tür nun schieben oder dort anklopfen sollte: „鳥宿池邊樹,僧推/敲月下門“ „Vögel lassen sich nieder auf dem Baum am See / der Mönch schiebt die/klopft an der Tür unter dem Mond“. Er war so sehr darin vertieft, daß er nicht sah, wie eine Prozession eines hohen Beamten des Weges kam, so daß er vollkommen unkonzentriert dort hineinstolperte. Der hohe Beamte war kein anderer als Han Yu, der auch als Dichter bekannt war, und eigentlich hätte Jia Dao mit dem Schlimmsten rechnen müssen, wäre es nicht für die poetische Ader der beiden Männer gewesen wäre. Sie kamen ins Plaudern und dann sagte ihm Han Yu, daß es sicherlich „klopfen“ sein sollte. Später nahm er Jia Dao in seinen Dichterzirkel auf. Von dieser Geschichte stammt dieses Wort, das soviel wie „überarbeiten“ bedeutet.
10. April 2009
Ginkgo
Auf einer ziemlich interessanten Webseite mit vielen Beiträgen zu sprachlichen Themen fiel mir etwas sehr Interessantes auf: das Wort für Ginkgo ist aus dem Japanischen ins Englische bzw. Deutsche entlehnt worden, doch gibt es im Japanischen kein Wort mit dieser Bedeutung, das von der Aussprache her in irgendeiner Weise hieran erinnert. Das Wort für Ginkgo im Japanischen wird nämlich 銀杏 „silberne Aprikose“ geschrieben, jedoch auf zweierlei Weise ausgesprochen: ichō für den Ginkgo-Baum, und ginnan für die Ginkgo-Frucht. Es handelt sich offensichtlich um einen Lesefehler, denn das Zeichen 銀 wird in der Tat im Japanischen gin ausgesprochen (yín im Chinesischen), und 杏 sieht dem Zeichen 古 ko „alt“ ziemlich ähnlich. Allerdings führt dies irre, die japanische Aussprache ist nämlich an, und im Chinesischen entsprechend xìng. Im Japanischen wäre dann eine Aussprache gin’an zu erwarten, aber in einem 連星 renjo genannten phonologischen Prozeß tritt bei einem bei einer auf Vokal anlautender, direkt einem silbenfinalen Nasal folgender Silbe ein zusätzliches n auf: ginnan (dasselbe Prinzip steckt hinter dem Wort 天皇 (eigentlich 天王), welches ten’ō erwarten ließe, tatsächlich aber tennō ergibt).
Was aber mit ichō? Hierbei handelt es sich um eine Aussprache, die mit den Schriftzeichen überhaupt nichts zu tun hat. Eine weitere Bezeichnung für Ginkgo im Chinesischen neben 銀杏 yínxìng ist 鴨腳 yājiǎo „Entenfuß“, welche aber eher zur Ming-Zeit gebräuchlich gewesen ist. Das japanische Wort ist eine Entlehnung hiervon, die sich an der damaligen konkreten Aussprache orientiert (wie 餃子 gyōza) und nicht an der japanischen Leseaussprache, die in diesem Fall ōkyaku wäre. Später wurde dieses Wort volksetymologisch als 一葉 ichiyō erklärt, aber schließlich mit der Schriftzeichenkombination für ginnan, eben 銀杏, geschrieben. Insofern ist es kein Wunder, daß bei der Entlehnung in die europäische Sprachen solche Übertragungsfehler passierten, die Situation im Japanischen ist ja schon unglaublich verworren.
Im Chinesischen gibt es noch weitere, seltener gebrauchte Bezeichnungen: 「白果」、「佛指甲」﹑「公孫樹」.
23. März 2009
Todestag
wieder ein Wort, bei dem die Sprachen abweichen. Das Japanische verwendet das Wort 命日 meinichi, im Chinesischen heißt es aber interessanterweise 忌日 jìrì. Dies ist homonym mit dem im Chinesischen kaum verwendeten 祭日 (es sei denn, als mögliche Abkürzung für „祭拜的日子“). Dieses Wort wiederum, saijitsu gesprochen, ist es äußerst wichtiges Wort im Japanischen, etwa soviel wie „Festtag, Feiertag“ bedeutet. Dies wird im Chinesischen wiederum mit 節日 jiérì wiedergegeben. Verwirrend, aber so ist es nun mal…
Turbulenzen…
derentwegen manchen an Bord eines Flugzeugs schlecht wird (暈機 yūnji/yùnjī). In Japan heißt es 乱流 ranryū, weswegen es in Taiwan auch 亂流 luànliú heißt. Es gibt aber auch noch genuin chinesische Ausdrucksweisen, 湍流 tuānliú und 紊流 wěnliú, die vor allem auf der anderen Seite der Meerenge üblich sind, aber teils auch in Taiwan.
19. März 2009
Memoiren
Auf Japanisch ist das 回想録 kaisōroku oder 回顧録 kaikoroku. Auf chinesisch jedoch 回憶錄 huíyìlù. Biographien bzw. Autobiographien werden im Japanischen und Chinesischen mit den gleichen Zeichen bezeichnet, 伝記 denki/傳記 zhuànjì bzw. 自伝 jiden/自傳 zìzhuàn.
16. März 2009
Lagerfeuer
Dafür scheint es zwei Wörter zu geben, 篝火 gōuhuǒ und 營火yínghuǒ. Ersteres scheint eher in China gebräuchlich und letzteres in Taiwan.
燦爛 cànlàn
„glanzvoll, brilliant“. In vereinfachter Schreibweise 灿烂. Ein wenig verwirrend, daß 爛 in der Umgangssprache „schlecht“ bedeutet.
15. März 2009
obszön
das Wörterbuch kennt zwei Wörter: 猥褻 wěixiè und 淫穢 yínhuì. Nicht ganz klar, ob es hier besondere Unterschiede in Bedeutung und Verwendung gibt.
香腸 xiāngcháng
„Wurst“. Eines der Wörter, die ich mir immer nur sehr schwer merken konnte. Warum auch immer….