25. März 2010

Hansdampf in allen Gassen

Posted in Übersetzung, 成語 um 7:39 am von krisnawan

Diese schöne Redewendung hat, wie Wikipedia zeigt, drei verschiedene Bedeutungen im Deutschen, wobei zwei davon miteinander verbunden sind.

Tausendsassa / Generalist

Dies ist die neutrale bis positive Bedeutung, ein aktiver, vielseitiger Mensch. Auf chinesisch läßt sich dazu 多面手, 通才 sagen.

Jack of all trades – master of none

Im Englischen hat die entsprechende Formulierung eine ziemlich negative Färbung angenommen, nämlich, daß der Hansdampf sich in allem ein wenig auskennt, aber in nichts sehr gut. Hierfür gibt es auch viele Ausdrucksweisen im Mandarin: das umgangssprachliche 樣樣通,樣樣鬆 (oder auch das strukturell ähnliche  門門懂,樣樣瘟), das schriftsprachliche Chengyu 博而不精, und im Festlandchinesischen noch 萬金油 (in Taiwan scheint dies vor allem eine Salbe gegen Mückenstiche zu bezeichnen).

Jugendlich-ungestüm

Wohl von der Bezeichnung „Dampf“ beeinflußt, kann dies im Deutschen schließlich noch jemanden bezeichnen, der zwar voller Energie ist, aber sich ein wenig ungeschickt dabei anstellt. Auf chinesisch gibt es kein passendes Chengyu, also muß man hier eine umschreibende Ausdrucksweise wählen: 精力旺盛但是笨手笨腳.

(HT @HYW)

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11. Januar 2010

蘋父無梨子

Posted in Mandarin, 成語 um 2:08 am von krisnawan

我上次討論的德文成語的典故,可以分成四類如下:

  • 一、 古代經文: 不僅是從基督教的聖經, 而且是從古代羅馬、希臘、日耳曼族的神話中來源的成語。
  • 二、 民眾俗語: 與漢語一樣, 也有反映民眾智慧的成語。
  • 三、 文學名言: 引用從古至今各個時代名垂千古的作家而出的成語。
  • 四、 拉丁文片語:到中世紀歐洲的學問都是用拉丁文的。儘管時代變遷,在德國很多學生還在學校拉丁文。因此書面語還有許多是直接從拉丁文借用的慣用語。

我這次想介紹的是一則民眾俗語來的成語: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. 直譯是「蘋果落的地方離樹幹不遠」,意思就是說孩子受到很多父母的影響, 他在很多方面上就會接近父母。另一種說法是Wie der Vater, so der Sohn (「兒子如父親」)。中文有一則類似成語「虎父無犬子」,但是可能有所差別。您認為呢?

10. Januar 2010

德文有成語嗎?

Posted in Mandarin, 成語 um 5:57 pm von krisnawan

對漢語詞彙中的成語很感興趣,最近我學習漢語的焦點著重於這方面。當我學習漢語詞彙中的成語時,我常常考慮漢語的成語怎麼樣翻譯成德文。因為德文很明顯也有類似功能的詞彙,我想不時地在這裡介紹一些德文的「成語」,同時亦當作中文作文練習。

但是還有一個先要討論的問題:德文真的有成語嗎?

成語是與漢語詞彙有密切關係的概念,日文、韓文這些受到了漢語龐大影響的語言當然也借用了漢語的成語詞彙,而像德文這種與漢語完全無關的西方語言,如何會有成語?我在進一步探求這個論點之前,將試圖定義一下漢語中的成語。這就是一件錯綜複雜的工作,因為每個提到成語的文獻都有自己的定義,例如這三個在網路上找到的:

「成語是漢語中一般概念的固定片語或短句,並帶有歷史故事及哲學意義」

「成语是表示一般概念的固定词组或句子,绝大部分是由四个字组成的。」

「一種語言中簡短有力的固定詞組,可作為句子的成分。形式不一,以四言為主。一般而言都有出處來源,與引申的比喻義,而非單純使用字面上意思。」

我從這幾個不同定義中抽取了四個要素:

一、固定性:成語不能隨意改變用字
二、慣用性:成語的語意不能望文生義
三、古典性:成語源於經典名著
四、四字性:成語由四個字而組成

但是這四個因素只是趨勢不是絕對規律。有的成語有變體、有的成語的意思是望文生義的、有的成語是從現代文學而來的或者出處不明、有的成語只有三個字或者比四個字多。但是可謂符合的條件愈多、該成語的典型性愈高。因此界定成語和非成語的其他熟語非常有疑問、這樣難以分類的現象在語言學分析過程中並不希罕。

那德文有這樣的成語嗎?當然不能擁有最典型的種類,因為德文不使用漢字,不能用四個字組成片語。可是德文中有詞語是符合四個條件當中三個:有固定性、慣用性、古典性的片語。在這裡還有另外一個問題:德文沒有相當於「成語」的詞。德文的Redewendung就是「熟語」的意思、包括所有的慣用語,口語、書面語、俚語、文雅語來的。因此我會用「德文成語」這樣的說法。我承認德文可能並沒有如漢語一樣的成語概念、所以也可以說我是從漢語的觀點來看德文,介紹一些在功能與用途上相當於漢語成語的德文詞彙。

9. Januar 2010

Rhetorische Figuren in 成語

Posted in 成語 um 2:28 am von krisnawan

In vielen Chengyu können rhetorische Figuren (修辭 xiūcí)  zum Einsatz. Die folgende Abhandlung geht von der Liste auf S. 60 in „不錯用成語“ von 石雨祺 aus. Da dort jedoch die rhetorischen Figuren nicht erklärt werden, habe ich hier Erläuterungen angefügt.

Similes und Metaphern

Im Chinesischen werden bei einem rhetorischen Vergleich (比喻 bǐyù) drei Komponenten angesetzt (vgl. auch Artikel auf Wikipedia):

  1. 喩體 yùtǐ, das Wort, das Gegenstand des Vergleichs ist
  2. 喩詞 yùcí, ein vergleichendes Wort, also in der Regel eine Konjunktion, z.B. „wie“ oder „als“
  3. 喩依 yùyī, der Vergleich selbst.

Ein Beispiel aus dem oben erwähnten Wikipediartikel:

動也不動,彷如 石像

  • 喻體:他
  • 喻詞:彷如
  • 喻依:石像

Nun lassen sich drei Arten unterscheiden, je nach dem, welche Komponenten vorhanden sind:

  • 明喻 míngyù: hier sind alle Komponenten vorhanden, und würden im Deutschen wohl einem Simile entsprechen. Beispiele für Chengyu:  虛懷若谷 xūhuái-ruògǔ, 門庭若市 méntíng-ruòshì, 如火如荼 rúhuǒ-rútú.
  • 暗喻 ànyù (andere Bezeichnungen 隱喻 yǐnyù, 略喻 lüèyù): hier fehlt die Konjunktion, doch sind sowohl der Gegenstand des Vergleichs als auch der Vergleich selbst vorhanden. Im Deutschen scheint mir zusamen mit dem folgenden 借喻 unter Metapher zu fallen. Beispiele für Chengyu: 車水馬龍 chēshuǐ-mǎlóng, 唇槍舌戰 chúnqiāng-shézhàn, 草木皆兵 cǎomù-jiēbīng.
  • 借喻 jièyù: hier gibt es nur den Vergleich, d.h. der Gegenstand muß aus dem Kontext erschlossen werden. Fällt im Deutschen auch unter Metapher. Beispiele für Chengyu: 望穿秋水 wàngchuān-qiūshuǐ, 破鏡重圓 pòjìng-chóngyuán,  班門弄斧 bānmén-nòngfǔ.

Personifikation und Reifikation

Auf chinesisch heißt dies 比擬 bǐnǐ oder 轉化 zhuǎnhuà, bei der einer nichtmenschlichen Entität menschliche Eigenschaften oder Gefühle zugeschrieben werden. Beispiele wären 閉月羞花 bìyuè-xiūhuā, 呆若木雞 dāiruò-mùjī.

Hyperbel

rhetorisches Stilmittel der Übertreibung (auf chinesisch 誇張 kuāzhāng oder 誇飾 kuāshì): 怒髮衝冠 nùfǎ-chōngguān(Zhuangzi, Shiji), 頂天立地 dǐngtiān-lìdì, 一步登天yībù-dēngtiān.

Rhetorische Frage

Auf chinesisch 反問 fǎnwèn genannt. Chengyu dieser Form sind meistens zweigliedrig, wie z.B. 不入虎穴,焉得虎子 bù rù hǔxuè, yān dé hǔzǐ; 皮之不存,毛將焉附 pí zhī bù cún, máo jiāng yān fù.

Kontrast

Scheint im Deutschen keine rhetorische Figur per se zu sein, sondern eher eine semantische Kategorie. Zwar scheint dem am ehesten noch die Anthithese nahezukommen, aber diese ist recht eng umrissen. Im der chinesischen Rhetorik wird jedenfalls 對比 duìbǐ unter den rhetorischen Figuren eingeordnet. Chengyu-Beispiele: 口蜜腹劍 kǒumì-fùjiàn, 口是心非 kǒushì-xīnfēi, 虎頭蛇尾 hǔtóu-shéwěi

Parallelismus

Dies ist mein Versuch, den chinesischen Ausdruck 對偶 duì’ǒu zu übersetzen. Es gibt drei Arten, worauf in dem Buch nicht weiter eingegangen wird, weswegen ich an dieser Stelle Beispiele von einem Internetportal verwende:

  • 正對 zhèngduì: die parallelen Komponenten haben eine ähnliche Bedeutung: 烏飛兔走 wūfēi-tùzǒu, 厲兵秣馬lìbīng-mòmǎ (Zuozhuan), 歸馬放牛 guīmǎ-fàngniú
  • 反對 fǎnduì: die parallelen Komponenten haben eine entgegengesetzte Bedeutung. Bei chengyu wird der Unterschied zu 對比 minimal sein: 陽奉陰違 yángfèng-yīnwéi, 古是今非 gǔshì-jīnfēi, 泰山鴻毛 Tàishān-hóngmáo
  • 串對 chuànduì: zwischen den parallelen Komponenten besteht ein adverbialer Zusammenhang: konsekutiv (承接), konditional (條件), kausal (因果), final (目的) etc. Beispiele für chengyu: 兔死狐悲 tùsǐ-húbēi, 前赴後繼 qiánfù-hòujì, 觸目驚心 shùmù-jīngxīn, 水滴石穿 shuǐdī-shíchuān, 順藤摸瓜 shùnténg-mōguā, 貪小失大 tānxiǎo-shīdà, 打草驚蛇 dǎcǎo-jīngshé, 見異思遷 jiànyì-sīqiān, 得意忘形 déyì-wàngxíng,唇紅齒寒 chúnhóng-chǐhán,春華秋實 chūnhuá-qiūshí

Wiederholung

Im Buch heißt es 反覆 fǎnfù, welches „Wiederholung“ bedeutet. Die Beispiele aus dem Buch scheinen jedoch alle auf eine semantische Wiederholung hinzudeuten, also auf chengyu, die aus zwei Teilen mit annähernd gleicher Bedeutung bestehen. Es mag da im einzelnen feine Unterschiede zu den gerade besprochenen Parallelismen (對偶) bestehen, aber Ähnlichkeiten bestehen. Beispiele aus dem Buch: 登峰造極 dēngfēng-zàojí, 星移斗轉 xīngyí-dǒuzhuǎn, 提綱挈領 tígāng-qièlǐng, 審時度勢 shěnshí-dùshì, 情真意切 qíngzhēn-yìqiè.

Synekdoche und Metonymie

Im Deutschen ist die Synekdoche als Ersetzung eines Begriffs durch einen anderen mit engerer oder weiterer Bedeutung, einem Ober- oder Unterbegriff definiert (pars-pro-toto ist das bekannteste Beispiel für eine Synekdoche, aber nicht das einzige), während Metonymie eher auf eine sachliche oder geistige Beziehung zwischen den beiden Begriffen abzielt. Natürlich ist der Übergang hier fließend, und so nimmt es nicht wunder, daß der chinesische Begriff 借代 jièdài beides, sowohl Synekdoche als auch Metonymie, abzudecken scheint (die Wikipedia weiß hier wieder mehr und hat auch noch einige Unterkategorien zu bieten). Folgende Beispiele: 目不識丁、批堅執銳、扭轉乾坤、迫在眉睫、拈花惹草.

Anadiplose/Epanalepse

Anadiplose auf chinesisch scheint 頂真 zu sein (auch頂針,聯珠,蟬聯). Das Problem ist, daß die im Buch angeführten Beispiele keine Anadiplosen sind, sondern eher Epanalepsen: 知無不言,言無不盡; 人同此心,心同此理.

Palindrome

Hier scheint der chinesische Begriff, 回文 (迴文,回環) wiederum weiter als der deutsche zu sein, denn er scheint auch Sentenzen zu umfassen, die nicht total palindrom sind: 來者不善,善者不來.

17. November 2009

Obama uses chengyu in Shanghai

Posted in English, Fehler, News, 成語 um 2:34 pm von krisnawan

Even though President Barack Obama is not known to be an aficionado of chengyu unlike Secretary of State Hillary Clinton, last night when he gave a speech to students in Shanghai, he made his obligatory mention of a Chinese idiom:

There’s a Chinese proverb: „Consider the past and you shall know the future.“ (about 15:45 into the video)

As I’ve commented several times on this blog, whenever a (Taiwanese) politician uses chengyu, there’s always a potential for  them to make a fool out of themselves for committing a mistake or two or another. (Though the American media were also debating whether Hillary Clinton did use the appropriate chengyu with respect to the US-China relationship).

Barack Obama did not misuse a chengyu yesterday, but it still caused controversy in the Taiwanese media, because some media outlets had reported he had used one of the Confucian classics, 溫故知新 wēn gù zhī xīn, which is from the following part of Confucius‘ Analects:

子曰:“溫故而知新,可以為師矣。”
The Master said, „If a man keeps cherishing his old knowledge, so as continually to be acquiring new, he may be a teacher of others.“

Obama was stressing the good record of mutual ties between the US and China, so it is a bit odd to use this chengyu, which mainly relates to expanding knowledge, even though some media outlets didn’t miss a beat:

美國總統歐巴馬今天在上海演講時,引用「溫故而知新」的「論語」語句談中美關係,強調兩國過去藉合作讓彼此更繁榮、安全,未來基於相互的利益、尊重就更能有成就。

So it didn’t take long until some journalists noticed the discrepancy and so the next chengyu controversy was born:

這句話對照歐巴馬講話的前後文來看,應該是「鑑往知來」的意思。歐巴馬說這一段話,主要指的是,美國過去跟大陸打交道,有過挫折,也碰到過一些問題,但是雙方敵對的關係是會改變的。所以應該是「鑑往知來」,而不是某些媒體翻譯的「溫故知新」。

The origin of the alternative put forward, 鑑往知來 jiàn wăng zhī lái, is less clear, some point to a poem in the Shijing of rather negative tone , but I think the more probable source is Liezi, a Daoist text:

是故聖人見出以知入,觀往以知來,此其所以先知之理也。
Therefore, the Sage observes the origin in order to know the issue, scrutinizes the past in order to know the future. Such is the principle whereby he attains foreknowledge.

So Confucius talks about developing new knowledge from old, but Liezi talks about observing the past as to know the future, so between these two, it’s clearly the latter that fits better.

13. Oktober 2009

Zwei japanische Redewendungen mit 手

Posted in Übersetzung, 四字組, 成語, 日本語 um 9:45 pm von krisnawan

Hier soll es um zwei japanische Redewendungen mit 手 gehen, die im Chinesischen jeweils mit chengyu wiedergegeben werden können: 手を抜く te o nuku „pfuschen“ als 偷工減料 tōugōng-jiǎnliào, 手を焼く te o yaku „mit seinem Latein am Ende sein“ als 束手無策 shùshǒu-wúcè. Letzteres kann auch als 棘手 jíshǒu wiedergegeben werden.
Es folgen jeweils ein paar Beispiele:

この家は大工が手を抜いたので、雨が漏って困る。
這個房子因木工偷工減料而漏水,真傷腦筋。

弟の悪戯には家中が手を焼いている
對弟弟的惡作劇,全家束手無策

6. Oktober 2009

Und wieder vergreift sich ein Politiker…

Posted in Fehler, Politik, 成語 um 10:13 am von krisnawan

… beim Griff in die Chengyu-Kiste. Ein Abgeordneter im taiwanesischen Parlament von der KMT namens Wu Ching-Chi (吳清池) wollte auf einer Pressekonferenz durch den Gebrauch eines Chengyu seine Bildung demonstrieren, und bei der Kritik des ungebührlichen Benehmens aus der Entourage seines Parteifreundes Präsident Ma Ying-jeou zum Ausdruck bringen, daß derlei Umstände schon länger bestanden haben müßten:

  • 冰凍三尺、非一日之寒: bīngdòng sān chǐ, fēi yī rì zhī hán

Dieses Chengyu stammt aus dem 論衡 Lùnhéng des Philosophen der Hàn-Zeit, 王充 Wáng Chōng bedeutet soviel wie „Gefrorenes Eis drei Fuß dick, kommt nicht von einem Tag Kälte“, d.h. eine ungenehme Situation bricht nicht über Nacht hinein, sondern baut sich in der Regel über einen gewissen Zeitraum auf. Aber der gute Mann konnte sich nicht der klassisch-chinesischen Form dieses Chengyu entsinnen und probierte eine modernsprachliche Variante, bei der er aber ins Schleudern kam:

  • 「一日之之…我想一日之寒,絕對不是一日的下雪…就能夠變成冰塊的。」“Ein Tag, Tag… ich denke, ein Tag Kälte, ist auf keinen Fall einen Tag Schnee…. das kann dann zu Eis werden!“

Ich muß zugeben, ganz klar ist mir nicht, was er eigentlich da sagt, die taiwanesische Presse bemerkt jedenfalls ganz lapidar, dass er bei dem Versuch, sich der richtigen Worte zu erinnern, eine neue modernsprachliche Redewendung erfunden habe.

Als er dann von den Hochgeschwindigkeitszügen sprach, wollte er die großen Schuldenlasten anprangern und das Chengyu 「債臺高築」 (zhàitái-gāozhù BJ/zhàitái-gāozhú TW) bedeutet wörtlich in etwa „eine Schulden(債)-plattform (臺) hoch (高) errichten (築)“ und bezieht sich auf eine Geschichte aus dem 漢書 Hànshū, in der sich der König von Zhou auf einer hoch errichteten Plattform vor seinen Gläubigern versteckte. Wu aber brachte hier die Reihenfolge durcheinander und sagte 「債築高臺」, also in etwa eine „mit Schulden eine hohe Plattform errichten“. Eine solche Verwechslung ist logisch gesehen gar nicht so abstrus und ein durchaus ein plausibler Flüchtigkeitsfehler. Aber da Wu sich schon beim Chengyu über die Eiseskälte vertan hatte, schenkte ihm die Presse natürlich auch noch bei diesem Fehler ein. Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen…

Es gibt auch ein Video, auf dem Wus Fauxpas zu sehen sind, neben anderen Politikerversprechern, u.a. einem Abgeordneten, der Präsident Ma als „Expräsidenten“ bezeichnet.

Am Ende zeigt das Video zeigt noch einen weiteren Politiker, der Chengyu-Probleme hat:

  • 書同文,車同軌: shū tóng wén, chē tóng guǐ.

In etwa „Bücher mit gleicher Schrift, Wagen mit gleicher Spannbreite“, dieses Chengyu bezieht sich auf die vielen Reformen, die der erste Kaiser in der Geschichte Chinas, 秦始皇帝 Qin Shi Huangdi nach der erfolgreichen Einigung Chinas durchführen ließ: die vielen verschieden im Reich verwandten Wagenspannbreiten und Schriftarten wurden vereinheitlicht. Der Abgeordnete, der dieses Chengyu anführen wollte, kam aber nur auf 學同文 xué tóng wén („die gleichen Zeichen lernen“), muß sich von der Regierungsbank eines Besseren belehren lassen, daß es 書同文 heißt und überdies, daß dies nur die Hälfte ist. 車同軌 versteht der so Belehrte nicht ganz und bekommt das dritte Zeichen noch beschrieben: 「車軌的軌,軌道的軌」 „軌 von 車軌 „Wagenspanne“, 軌 von 軌道 „(Fahr-)Bahn“.

(Herzlichen Dank an HYW für die Hinweise auf Artikel und Video!)

7. Juli 2009

Vom Herzen dicker Leute

Posted in 成語 um 1:04 am von krisnawan

Es gibt zwei Chengyu, die sehr ähnlich geschrieben werden und anscheinend auf das gleiche Wort aus dem Liji zurückzugehen zu scheinen:

  • 心寬體胖 xīnkuān-tǐpán
  • 心廣體胖 xīnguăng-tǐpán

Bis auf das zweite Zeichen sind diese Chengyu identisch, d.h. sie bestehen aus den Bestandteilen 心 xīn „Herz“, und 體胖 tǐpán „Körper dick“ (man beachte die besondere Aussprache des Zeichens 胖, das sonst pàng ausgesprochen wird).

Auch beim zweiten Zeichen sind die Unterschiede nicht sonderlich groß: 寬 und 廣 bedeuten beide im weitesten Sinne „weit“, ersteres meist im abstrakten Sinne einer Geisteshaltung, während letzteres eher im konkreten Sinne einer physischen Begebenheit. Und da erstaunt es auch nicht, daß beide Chengyu auf dieselbe Textstelle im Liji zurückzugehen:

富潤屋,德潤身,心廣體胖,故君子必誠其意。

Die Reichtümer schmücken ein Haus, und die Tugend schmückt den Menschen. Der Geist weitet sich, und dem Körper geht es gut. Aus diesem Grund muß der Edle seine Gedanken aufrichtig machen.

Die ursprüngliche Bedeutung bezieht sich also auf das konfuzianische Ideal, das dem Edlen abverlangt, jederzeit nach Aufrichtigkeit zu streben, was zu dem Idealzustand von mens sana in corpore sano führt. In der Zwischenzeit hat das Chengyu jedoch einen Bedeutungswandel erlitten, was auch an dem Zeichen 胖 liegt, das für zwei verschiedene Wörter verwendet wurde, nämlich pán in der Bedeutung „ruhig and angenehm“, und pàng „dick, fett“. Ersteres ist in der modernen Sprache komplett geschwunden, und so nimmt es nicht wunder, daß dies auch Auswirkungen auf das Chengyu hatte. Heute wird das Wort in der Bedeutung verwendet, daß fröhliche, sorgenbefreite Menschen leichter dick werden. Manche Wörterbücher scheinen einen Unterschied zwischen den beiden Varianten 心寬體胖 xīnkuān-tǐpán und 心廣體胖 xīnguăng-tǐpán zu ziehen, dies scheint aber ein wenig künstlich zu sein. Die heute allgemein übliche Variante ist jedoch 心寬體胖 xīnkuān-tǐpán.

24. Mai 2009

Chinese Pod

Posted in Link, meta, 成語 tagged um 4:48 am von krisnawan

Seit einigen Wochen habe ich eine Kolumne zum Thema Chengyu beim deutschsprachigen Blog von Chinese Pod. Meine Beiträge sind auch unter meinem Autorennamen dort zu finden. Zum Konzept meiner Kolumne dort möchte ich den relevanten Ausschnitt aus dem ersten Beitrag dort wiederholen:

Kommen wir nun zum Schluss zur Frage, was 成语 chéngyŭ eigentlich sind. Sie werden häufig ‚chinesische Idiome‘, oder ‚chinesische Redensarten‘ o.ä. genannt, aber in der Regel werden Chengyu als besondere Art von chinesischen Idiomen angesehen, weswegen ich mich entschlossen habe, auch im Deutschen lieber beim chinesischen Ausdruck zu bleiben. Hier der Versuch einer Definition:

Feste Fügungen, häufig idiomatischer Natur, die typischerweise aus der klassischen chinesischen Literatur entnommen sind und normalerweise aus vier Zeichen bestehen.

  1. feste Fügung: ein Chengyu wie 温故知新 wēngù-zhīxīn „sich mit dem Alten vertraut machen und Neues erlernen“ ist ein feststehender Ausdruck. Ich kann z.B. nicht das zweite Zeichen 故 , das ja hier ‚alt‘ bedeutet, mit anderen Zeichen, die ebenfalls ‚alt‘ bedeuten, ersetzen, wie z.B. 古 oder 旧 jiù und 温古知新 wēngŭ-zhīxīn oder 温旧知新 wēnjiù-zhīxīn daraus machen.
  2. idiomatische Natur: ein Chengyu wie 温故知新 wēngù-zhīxīn hat eine Gesamtbedeutung, die über die Einzelbedeutungen der vier Zeichen hinausgeht. Zwar bedeuten die vier Zeichen wörtlich „Altes erwärmen und Neues erfahren“, aber dahinter steckt eine ganze Philosophie.
  3. aus der klassischen chinesischen Literatur übernommen: ein Chengyu wie 温故知新 wēngù-zhīxīn stammt zum Beispiel von Konfuzius‘ Analekten, klassischer geht es ja nun gar nicht! Aber wir sehen auch anhand dieses Beispiels, dass dies nicht unbedingt bedeutet, dass alles wortwörtlich aus der klassischen Literatur kommen muss. Im Original steht ja z.B. noch eine Konjunktion 而 ér dazwischen: 温故而知新 wēn gù ér zhī xīn. Häufig fassen chengyu auch berühmte Sentenzen aus der klassischen Literatur zusammen und verknappen sie auf vier Zeichen… Dieses Kriterium erklärt auch, warum die Chengyu der gehobenen Sprache angehören: sie gehen auf die klassische chinesische Literatur zurück und haben einen literarischen Beigeschmack.
  4. .. womit wir auch beim letzten Kriterium wären: vier Zeichen! Die große Mehrheit der Chengyu besteht aus vier Zeichen, so auch 温故知新 wēngù-zhīxīn.

Die meisten dieser Kriterien sind nicht übermäßig strikte Kriterien, es gibt viele Ausnahmen von der Regel, was auch die manchmal die Feststellung, welche idiomatischen Ausdrücke als Chengyu gelten können und welche nicht, schwierig machen kann, die Grenzen sind fließend.

Ich möchte nun jedes dieser Kriterien anhand von konkreten Beispielen erläutern, d.h. der typische Beitrag besteht aus zwei Teilen: zunächst wird der Hintergrund eines chengyu im Detail besprochen, und danach anhand des gerade eingeführten chengyu ein Prinzip verdeutlicht, das wichtig für chengyu ist.

10. Mai 2009

Chinesische Chengyu im Japanisch-Unterricht

Posted in 兩字組, 四字組, 成語, 日本語 um 5:30 am von krisnawan

Die japanische Kultur und Sprache war intensiven chinesischen Einflüssen ausgesetzt, was natürlich auch für das Studium der chinesischen Klassiker inkl. der Chengyu angeht. Heutzutage jedoch sind viele Chengyu im Japanischen jetzt hochliterarischen Sprachregistern vorbehalten, trotz der Bemühungen von Webseiten wie dieser hier. Allerdings gibt es auch ein paar berühmte Sentenzen, die in den festen Alltagsbestand der japanischen Sprache eingegangen sind. Sie sind nicht zu Vierzeichenkombinationen geworden, sondern vielmehr verkürzt oder zu alltagssprachlichen Redewendungen geworden.

  • 蛇足 dasoku von   畫蛇添足 huàshé-tiānzú (Zhanguoce): dies ist die berühmte Geschichte vom Schlangenfuß. Einem Tempel im Staate Chu wurde ein Krug Wein gespendet. Anstatt den Wein gleichmäßig unter den Mönchen aufzuteilen, wurde jedoch vereinbart, einen Wettbewerb abzuhalten: Wer als erster eine Schlange auf dem Tempelboden fertigmalen würde, sollte den Krug ganz bekommen. Als der erste Mönch fertig war, wurde er so übermütig, daß er flugs noch vier Beine anfügte. Der Mönch aber, der als nächster fertig wurde, machte ihn den Krug erfolgreich mit der Begründung streitig, daß er gar keine Schlange gemalt habe, denn eine Schlange habe schließlich gar keine Füße! Dieses Wort bezeichnet etwas Überflüssiges, das das große Ganze gefährdet. Im Chinesischen ist das als Vierzeichen-Chengyu üblich, im Japanischen ist dies überhaupt nicht gebräuchlich und auf zwei Zeichen verkürzt.  Ein paar Chengyu, die vom Inhalt her in eine ähnliche Richtung gehen:「無中生有」,「多此一舉」、「弄巧反拙」
  • 五十歩百歩 gojippo hyappo von 五十步笑百步  wǔ shí bù xiào bǎi bù (Mencius): der König Hui von Jin beklagt sich bei Mencius, daß trotz seiner Maßnahmen, die seine Bürger besser behandelten als die seiner Nachbarstaaten, die Bürger dieser Staaten dennoch ihm nicht die Bude einrennen. Warum sei dies so? Da erzählt ihm Mencius ein Gleichnis, von zwei Gruppen vom Soldaten im Krieg. Die eine rennt 50 Schritte weg, die andere 100. Die Gruppe, die „nur“ 50 Schritte weggerannt ist, macht sich lustig über die, die 100 Schritte weggerannt sind. Mencius sagt, daß auch die vermeintlich so guten Maßnahmen des Königs doch nur eine Frage der Quantität seien, nicht eine der Qualität. Im Deutschen würde hier die Redewendung vom Glashaus passen, im Englischen sagt man auch „the pots calls the kettle black“.
  • 井の中の蛙大海をしらず i no naka no kawazu taikai o shirazu von 井底之蛙 jǐngdǐ zhī wā (Zhuangzi, Chunqiu). Dies ist eine Geschichte vom Geist des Gelben Flusses, der vor Demut erstarrt, als er zum erstenmal das Meer erblickt. Er sagt dem Geist des Nordmeeres, jetzt habe er endlich eine Ahnung von der Weite des Daos, denn das Meer sei vergleichbar grenzenlos. Daraufhin erklärt ihm der Geist des Nordmeeres, daß man schon wissen muß, worüber man spricht, ansonsten sei man wie der Frosch am Grunde des Brunnens, für den der Brunnen die ganze Welt darstellt. Im Japanischen wird das miteinander kombiniert zu „Der Frosch weiß nichts vom Ozean“. Im Chinesischen bezieht sich das auf Borniertheit, entweder eine bornierte Person, oder als Charakterzug.
  • 矛盾 mujun 自相矛盾 zìxiāng-máodùn (Han Feizi). Eine der bekanntesten Geschichten des chinesischen Altertums. Ich gebe die Geschichte erstmal im Original wieder, denn sie läßt sich relativ gut verstehen: “楚人有鬻盾与矛者,誉之曰:‘吾盾之坚,莫之能陷也。’又誉其矛曰:‘吾矛之利,于物无不陷也。’或曰:‘以子之矛陷子之盾,何如?’其人勿能应也。” Es gab einen Händler aus Chu, der sowohl Schild als auch Speer verkaufte, er lobte seinen Schild: ‚Mein Schild ist so hart, daß nichts ihn zerbrechen kann.‘ Dann wiederum lobte er seinen Speer: ‚Mein Speer ist so scharf, es gibt nichts, das er nicht durchbohren könnte.‘ Da fragte ihn jemand ‚Wie wäre es, wenn ich mit deinem Speer deinen Schild durchbohren wollte?‘ Darauf hatte der Händler keine Antwort.  Diese Geschichte wird im Japanischen immer zu zwei Zeichen abgekürzt, aber auch im Chinesischen ist  矛盾 recht häufig.
  • 漁夫の利 gyofu no ri (鷸蚌の争い ippō no arasoi鷸蚌相爭, 漁翁得利  yù bàng xiāng zhēng,yú wēng dé lì (Zhangguoce). Der König von Zhao wollte das benachbarte Reich Yan überfallen. Yan aber schickte Su Dai nach Zhao, um den König davon abzubringen. Su verwendete dabei das Gleichnis von der Kammuschel und der Schnepfe. Als die Muschel ihren Schale geöffnet hatte, steckte die Schnepfe ihren Schnabel hinein,während die Muschel sich mit aller Macht dagegen wehrte. Es schien keine Seite nachgeben zu wollen, bis einer Fischer daherkam und beide einsackte. Witzigerweise ist im Chinesischen eher der vordere Teil gebräuchlich 鷸蚌相爭 yù bàng xiāng zhēng, während es im Japanischen der hintere Teil ist: 漁夫の利 gyofu no ri. Im Deutschen in etwa „Wenn zwei sich streiten, freut sich der dritte“.
  • 推敲 suikō 推敲 tuīqiāo. Dies ist eine absolute Ausnahme, denn auch im Chinesischen sind es nur zwei Zeichen, und wird daher in vielen Wörterbüchern gar nicht als Chengyu anerkannt. Es handelt von dem Dichter Jia Dao aus der Tang-Zeit, der gerade beim Dichten war, und beim folgenden Vers sich nicht festlegen konnte, ob der Mönch die Tür nun schieben oder dort anklopfen sollte: „鳥宿池邊樹,僧推/敲月下門“ „Vögel lassen sich nieder auf dem Baum am See / der Mönch schiebt die/klopft an der Tür unter dem Mond“. Er war so sehr darin vertieft, daß er nicht sah, wie eine Prozession eines hohen Beamten des Weges kam, so daß er vollkommen unkonzentriert dort hineinstolperte. Der hohe Beamte war kein anderer als Han Yu, der auch als Dichter bekannt war, und eigentlich hätte Jia Dao mit dem Schlimmsten rechnen müssen, wäre es nicht für die poetische Ader der beiden Männer gewesen wäre. Sie kamen ins Plaudern und dann sagte ihm Han Yu, daß es sicherlich „klopfen“ sein sollte. Später nahm er Jia Dao in seinen Dichterzirkel auf. Von dieser Geschichte stammt dieses Wort, das soviel wie „überarbeiten“ bedeutet.

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